Mit den ganz natürlichen Veränderungen im Leben verändern sich auch die Anforderungen an das Zuhause. Diese Althaussanierung wurde mit handwerklichem Verständnis alter Bautraditionen und mit dem Anspruch an nachhaltige, baubiologische Lösungen umgesetzt. Eine gelungene Bestandserhaltung mit viel Wohlfühlqualität.
Das Projekt
Hägi Wendls. Das ist der Hausname. Er geht auf Wendelin Längle zurück, dessen Sohn Petrus 1820 vom Hägi-Rank in Buchebrunnen nach Muntlix geheiratet hat....aber das würde zu weit führen. (die ganze Geschichte kann bei Interesse hier nachgelesen werden (https://blog.haegiwendls.at/).
Aber nun über 550 Jahre nach der Errichtung im Jahr 1458 präsentiert sich das Haus voller Erzählungen und Geschichten komplett neu. Die Vergangenheit wurde nach vorne übersetzt: in einer neuen Nachbarschaft, eingebettet in eine Region mit viel Potential und vollbepackt mit Ideen. Manche zum Verwerfen, andere dafür umso genialer.
Die besten Ideen entstehen im gemeinsamen Nachdenken und Diskutieren. Am Projekt Hägi Wendls waren sehr viele Menschen beteiligt. Die strategischen Grundlagen aber legte das Kernteam fest, das aus Bauleuten, Architekt und Bauleiter bestand.
Zudem arbeiteten bei diesem Baustellenexperiment viele Student*innen des Lehrgangs BASEhabitat mit - gemeinsam mit Handwerksleuten, Kulturschaffenden und freiwilligen Helfer*innen an der Umsetzung eines Kulturraumes für die Region Vorderland und darüber hinaus. Die Baustelle ist ein Erproben von Nutzung und Funktion, von Möglichkeiten und Perspektiven.
Innovationen
Das Projekt besteht aus einem ca. 150 m² großen Wohngebäude und einer Tenne mit ca. 250 m², die zum Kulturraum umfunktioniert wurde und für verschiedenste Veranstaltungen zur Verfügung steht. Was von den Materialien noch zu gebrauchen war, wurde wiederverwendet.
Dazu wurde ein großes Materiallager am Bauplatz errichtet, welches die Basis für eine konsequente Umsetzung schuf. Vom Schalbrett bis zum Holzbalken, vom Klinker des erneuerten Kamins bis zum Biberschwanzziegel am Dach – letztere wurden tatsächlich Stück für Stück auf ihre Wiederverwendbarkeit geprüft und nur einzeln ersetzt. Bei über 400 m² Dachfläche eine Mammutaufgabe.
Ergebnis
Holz und Lehm waren die zentralen Baumaterialien - aus dem Aushub wurden direkt vor Ort Lehmziegel mit Holzwolle als Dämmmaterial hergestellt, um die teilweise 550 Jahre alten Sparren auszufachen. Von den Sparren mussten nur einige wenige tatsächlich ersetzt werden. Die Wände im Innenraum sind ebenfalls aus Lehm, so ziert beispielsweise eine massive Stampflehmwand den Eingangsbereich. Die Kastenfenster wurden samt Vorfenstern saniert. Im Wohnraum wurde eine zusätzliche große Fensterfront aus geseifter Weißtanne eingebaut, um so einen herrlichen Blick in den Garten freizugeben. Im ganzen Haus treffen sich modernes Tischlerhandwerk und alte Substanz, besonders spektakulär in einem Eckzimmer im Obergeschoß, das als Kinderzimmer dient.
Die außerhalb der thermischen Gebäudehülle liegende Tenne wurde mit einem neuen Boden versehen und dient nun als spektakulärer Raum für Kulturveranstaltungen.
Wo neues Material zum Einsatz kam, taten die Bauleute das mit Bedacht und mit einem Blick auf die Qualität des künftigen Wohnraums.
„Zugegeben“, sagen die Bauleute, „man muss schon ein bisschen bereit sein für nachhaltige Materialien, wir als Bauleute genauso wie die Handwerker.“ Aber der Einsatz lohnt sich, schafft gesunde Innenräume und einen schlanken ökologischen Fußabdruck.
Außerdem wurden ökologische Materialien meist so verbunden, dass sie auch wieder gelöst werden können: Änderungen, Reparaturen oder Rückbauten sind so zu einem späteren Zeitpunkt einfacher zu bewerkstelligen, als beispielsweise bei untrennbar verklebten Materialverbünden.
Dieser Beitrag entstand im Rahmen des Projekts GO Altbau und wird gefördert durch das INTERREG Programm Bayern-Österreich 2021-2027 - ein Programm der Europäischen Union.